Alberta

Kanadas Boom - Provinz - Alberta ist Kanadas reichste Provinz. Dies bedingt durch die Athabasca-Ölsande, welche im grossen Stil gefördert werden und rund einen Drittel der weltweiten Ölsandvorkommen ausmachen. Kanada ist nach Saudi-Arabien jenes Land mit den weltweit grössten Ölreserven. Die wenig umweltbewusste Reinigung von Ölsanden wurde erst mit neueren Technologien und dem anhaltend hohen Ölpreis wirtschaftlich - mit katastrophalen Folgen für grosse Landstriche. Etliche Klagen von Umweltschutzbehörden und Verbänden der Ureinwohner gegen «das schmutzigste Öl der Welt» sind hängig.

Es lässt sich viel Geld verdienen in der Ölindustrie. Zwei Wochen wird durchgearbeitet, zwei hat man frei. Verdienst nach unseren Quellen rund 6000 Dollar. Dies zieht junge Männer aus dem ganzen Land an. Peter, den wir beim Goldsuchen im Yukon kennen lernen werden, erzählt uns, dass diese Entwicklung seines Erachtens sehr schlecht für Kanada sei. Immer weniger junge Menschen würden einen Beruf lernen. Liessen sich vom schnellen Geld anziehen. Vermehrt würden dem Land gute Handwerker fehlen.

Neue Eindrücke - Beim Übertritt in die neue Provinz ändert sich landschaftlich vorerst wenig. Immer noch weit und flach, dahin gestreute Häuseransammlungen. Neu sind die geschäftigen Ölpumpen und immerbrennende Flammen, die für eine etwas gespenstische Stimmung sorgen. Auf der Suche nach einem geeigneten Nachtplatz beschliessen wir, gleich bis in den Dinosaur Provincial Park durch zu fahren. Unserem eigentlichen Ziel für morgen. Die Anfahrt fordert unsere vollste Aufmerksamkeit, denn irgendwie schaffen wir es die einzige nicht geteerte Strasse auszuwählen. Im Dunkeln rutschen wir über den seifigen Untergrund. Erst als wir den 4x4 zuschalten kommen wir besser voran. Unsere Zora ist aber kaum mehr zu erkennen, eine brauen Schlammschicht überzieht sie. Wir finden einen Schlafplatz mit grandioser Aussicht und warten das letzte Licht des Tages ab, bis wir unsere Vorhänge ziehen. Camping wäre hier eigentlich verboten.

Urzeitliche Landschaft - Der Dinosaur PP ist die grösste prähistorische Fundstätte der Welt. Hier wurden 150 vollständige Skelette von 30 verschiedenen Dinosauriern gefunden. Aber auch die 70 Mio. Jahre alte Umgebung kann mit viel Schönem aufwarten.
Urplötzlich bricht die bodenebene Landschaft ab und wir blicken in das tiefe Tal des Red Deer River. Ein Panorama wie aus einer anderen Zeit. Tiefe Erosionsrillen, verschiedene Schichten aus Ton, Sandstein und eisenhaltiger Erde ergeben ein Gemisch voller Pastell-, Grau- und Grüntönen. Bizarr geformt zu Hügeln und Kegeln. Wir entdecken die Natur wandernd und versuchen die vielen Wochenendbesucher aus Calgary etwas auszublenden. Dennoch bietet dieser Park alles, was wir gerade brauchen: eine Waschmaschine, warme Duschen und Internet.
Blick auf das Tal des Red Deer River Wanderung durch die bizarre Landschaft urzeitlich siehts aus sandige Passagen... ... wechseln sich ab mit Gestein in Pastelltönen

Weiter - Der Highway führt um Calgary, Kanadas viertgrösste Stadt, herum und zeigt auf, welche Folgen ein schnelles Wachstum für eine Stadt haben können. Calgary’s Einwohnerzahl hat sich in knapp 100 Jahren von 0 auf über eine Million Menschen aus aller Welt erhöht. Die Vorstädte breiten sich unkontrolliert in alle möglichen Richtungen aus und auf kleinstem Raum schachteln sich Einfamilienhäuschen ineinander.
In Longview richten wir uns auf einem Camping ein. Wir müssen Dieses und Jenes erledigen. Zora erhält einen Service, immerhin hat sie uns bereits über 10’000 Kilometer durch Kanada chauffiert. Wir ersetzen unsere liegengelassene Kamera. Dafür fahren wir mitten durch Calgary. Was wir sehen gefällt uns und gerne hätten wir die Stadt auch noch zu Fuss etwas angeschaut. Aber da wir keinen bewachten Parkplatz finden können, lassen wir’s bleiben. Wieder in Longview schmieden wir bei hochsommerlichen Temperaturen Reisepläne die Rockies immer im Blick.
Himbeer-Kokos-Brötchen... ... und Himbeeren zum Zmorge

Bergriesen und grosse Tiere - Dann endlich nähern wir uns den Bergriesen. Dank eines Tipps (Thank you Jamie!) durch die landschaftlich sehr schönen Kananaskis Berge. Das Anfängerglück ist mit uns! Wir entdecken erst eine Herde Rocky Mountain Schafe und dann zwei kleinere Grizzly’s (Mutter mit Jungem vom letzten Jahr?) am Strassenrand. Sie mampfen Beeren und lassen sich von unserer Anwesenheit ganz und gar nicht stören. Minutenlang können wir sie aus nächster Nähe beobachten. Unbezahlbar!
Rocky Mountain Schafe beim Kräftemessen das Winterfell fällt langsam ab noch mehr der grazilen Klettermeister unsere ersten Braunbären! genüsslich schlemmen sie Beeren... ... und lassen sich nicht stören zusammen unterwegs auf der anderen Seite gibts vielleicht noch mehr... da oben müssen sie besonders gut sein

Im Peter Lougheed PP bezwingen wir den «Mount Everest Kanadas» und versuchen uns an die neue Situation «Wandern im Bärengebiet» zu gewöhnen. Stimmt, Schwarzbären hatte es bis anhin auch schon, nun bewegen wir uns aber im Lebensraum von Braunbären. Etwas ganz anderes für uns und, sagen wir, speziell. Während Andy sich auf seine theoretische Erfahrung aus unzählig gelesenen Bücher verlässt, verschlinge ich jede Information zu diesem Thema. Ob’s nützt und wir uns im Ernstfall richtig verhalten würden? Wir hoffen, dass wir dies nicht herausfinden müssen…
Der Provincial Park bereitet uns aber auch auf ganz andere Gegebenheiten vor: auf Menschenmassen! Diese werden uns bestimmt auch im Banff - und Jasper National Park erwarten - die am meisten besuchten Naturpärken Kanadas.
Tannen im letzten Licht des Tages... ... wir campieren an ihrem Fuss

Menschenmassen - Bei einer längeren Reise, ist es unmöglich überall zum besten Zeitpunkt zu sein, so müssen halt Abstriche gemacht werden. Wir wussten, dass wir hier nicht alleine sein werden.
Als wir Banff ansteuern, trifft uns dennoch beinahe der Schlag. So viele Menschen mit den unterschiedlichsten Absichten tummeln sich hier. Von Girls in Ausgangsoutfits, über japanische Touristen mit Regenschirmen bis zu bärtigen Männern in Expeditionskleidung ist alles vertreten. Banff ist eine richtige Stadt, mit allem Drum und Dran.
Aber kein Wunder, dass wir nicht die einzigen sind. Die Bergwelt, die türkisfarbenen Seen und Flüsse sind halt auch bezaubernd und das in Kombination mit allen Zivilisationswünschen.

Zusammen mit zig anderen werfen wir einen Blick auf die Postkartenseen Lake Louise und Peyto Lake, bestaunen das altehrwürdige Banff Springs Hotel und lästern über sich komisch verhaltende Touristen. Beim Lake Moraine, eigentlich auch sehr touristisch, wählen wir den frühen Abend für einen Besuch und sind fast allein. Schönes Fotolicht inklusive. Die geplanten Wanderungen in den beiden Parks streichen wir aber mehrheitlich, dafür hat es uns einfach zu viele andere.
Hoodos und eine türkise Flusslandschaft Banff Springs Hotel Lake Louise ... ... und wie es eigentlich aussah! Wanderung dem Moraine Lake entlang... Bilderbuch-Kanada Blick auf den Peyto Lake

Auswege - Wir weichen auf den weniger besuchten Kootenay NP aus. Hier finden wir einen ruhigen Schlafplatz und betreten erstmals Land von British Columbia. Die Wanderung durch den waldbrandverbrannten Marble Canyon ist von bizarrer Schönheit. Die schwarz verkohlten Baumreste vor dem Eisblau des Flusses und das Fuchsia des Fireweeds (Jene Pflanze, die nach einem Waldbrand als erstes wieder wächst) dazwischen, sind genauso ein Fest für die Augen, wie die Ink Pots. Der orangefarbene Schlamm wurde jahrhundertelang von den Indianer zur Bemalung von Körper und Textilien genutzt.
Auch der Yoho NP bietet ein kleinbisschen weniger Trubel. Im Yoho Valley bestaunen wir die 254m hohen Takakkaw Falls, die zweitgrössten Wasserfälle Kanadas. Dann wandern wir entlang des weiss-schäumenden Yoho Rivers durchs Tal. Gletscherbedeckte Gipfel, Wasserfälle und grüner Wald immer im Blick. Bären sehen wir leider (oder zum Glück?!) keine.
Eine weitere Sehenswürdigkeit sind die Spiraltunnels der Eisenbahn. Schweizer Ingenieure schufen sie und halfen so mit, die Strecke sicherer zu machen. Uns beeindrucken eher die Länge der Züge und die Tatsache, dass Tonnen an Waren im Schneckentempo über die hohen Berge gekarrt werden…
Wir beschliessen uns etwas schneller als geplant auf den Weg Richtung Westen zu machen. Für uns das «richtige» Kanada.
im Kootenay NP blühender Firewood dem rauschenden Fluss entlang Ink Pots mit dem orangfarbenen Schlamm Spuren von grossen Tieren Golderegen-Flechten kleines Tierchen Takakkaw Falls im Yoho NP entlang dem Yoho River... über schmale Brücken... bis zu einem schäumendem Wasserfall

Unterhaltungsprogramm - Den berühmten Highway 93, den Icefield Parkway, lassen wir aber nicht aus. Es heisst, er soll einer der schönsten und spektakulärsten Strassen Kanadas sein. 230 Kilometer lang verbindet er die Nationalparks Banff und Jasper, führt durch weite Flusstäler und über 3000 Meter hohe, teils vergletscherte Berggipfel.
Bei schönem Wetter fahren wir los. Alleine sind wir auch hier nicht und so beginnen wir bald das eine oder andere «Must-see» auszulassen. Klar, die Natur ist von atemberaubender Schönheit, sie aber mit hunderten Anderen teilen zu müssen, reizt uns wenig und mindert die Schönheit doch erheblich. Wenngleich wir auch hier immer wieder Lücken finden: ein Frühstücksplatz mit wunderbarer Aussicht auf den Bow Lake etwa oder einen einsamen Aussichtspunkt auf ein weites Flusstal.
Das Columbia Icefield schaue ich mir alleine an. Andy ist der Trubel zu gross. Der Gletscher liegt auf 3000 Meter und ist das Überbleibsel eines Eisfeldes, das einmal den ganzen Westen Kanadas bedeckte. Auf einer kleinen Wanderung ist es möglich dem Eis nahe zu kommen. Eindrücklich ist neben der Grösse, die Kälte, die vom Eis ausstrahlt.
Für noch mehr Spektakel sorgen aber die Touristen! In geländegängigen Spezialfahrzeugen lassen sie sich auf den Gletscher karren, um dann einige Schritte auf dem gefrorenen Untergrund zu wagen. Für andere muss es die erste Wanderung überhaupt sein! Nicht wenige haben Mühe, die steinige Anhöhe zu erklimmen. Eine schöne Frau im Sari läuft barfuss zurück, die Stöckelschuhe in der Hand. Andere wiederum sind so dick eingepackt, als würden sie zum Nordpol reisen. Einfach amüsant!
Der Höhepunkt erwartet mich aber, als ich mir im Restaurant einen Kaffee hole. Hier tummeln sich dicht an dicht gedrängt Hungrige aller Nationen. Titlis Bergstation, zur Mittagszeit mal 1000 :).
unterwegs auf dem Highway 93 eindrückliche Berge beim Bow Lake Num-Ti-Jah Lodge Spiegelungen bei Bow Lake Frühstück mit Aussicht am Bow Lake Aussicht beim Icefield Parkway Colombia Icefield

So, jetzt schnell weg hier, nach British Columbia. Beautiful British Columbia, wie auf den Autokennzeichen zu lesen steht. Ob’s stimmt im nächsten Bericht.

Paps

2014-09-03 08:28:54

Supppper diese Fotos. Ja die Bad Lands in Alberta haben mich auch sehr fasziniert. Früher hatten die Viehdiebe die gestohlenen Rinder hier versteckt.
Wir waren and Christinas Hochzeit - war ein supper Fest.
Soll ich euch ein paar Fotos senden? Wohin?
ganz liebe Grüsse paps &Co

rene mehmann

2014-09-03 18:10:41

Hallo ihr zwei Was für ein herrlicher Bericht mit spannenden Einsichten und tollen Bildern. Merci vehlmohl. Wir geniessen die Berichterstattung und warten gespannt auf die neuen Kapitel. Auch das kanadische Erdöl wird über unsere Zuger und Genfer Oelhändler gehandelt. Kein Wunder, dass die Jungend auch hier auf das schnelle Geld anspricht und die Ausbildung zu gunsten dieses Anreizes vernachlässigt. Herzliche Grüsse und viel Erfolg Rene Mehmann /Papi


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